Diese Geschichte schrieb @_a_d_farbenreich_ Action-Comedy

Husband Games – Der Wettkampftag

Meine Beine drohten sich zu einem Knoten zu verschlingen, so schnell rannte ich den Gehsteig entlang von unserem Wohnhaus in Richtung Innenstadt. Der junge Samstagmorgen bündelte gerade die ersten einfallenden Sonnenstrahlen, um heute zu einem prächtigen Sommertag zu wachsen. Menschen tummelten sich bereits inmitten der Stadt, sie besorgten Wochenendeinkäufe, wuselten durch die Gassen, holten Gebäck vom Bäcker oder trafen alte Freunde. Hunde wurden ausgeführt und der Wochenmarkt öffnete seine Pforten, um biobegierige Damen mit frisch geerntetem, heimischem Gemüse zur Zubereitung höchst anspruchsvoller Sonntagsmenüs zu versorgen.

Inmitten dieses Gesellschaftstreibens jagte ich dem Morgen entgegen. Wirre Blicke begleiteten mich, verständnisloses Kopfschütteln mahnte mich. Und ja, einige Male war es knapp, dass sich mir die erst kürzlich neu errichteten Straßenlaternen nicht ungünstig in den Weg stellten und ich es gerade noch schaffte, ihnen auszuweichen. Im Eiltempo versteht sich, wovon meine Sehnen und Bänder im Kniegelenk nicht besonders begeistert waren, aber ich hatte eine klare Mission.

Endlich tauchte der Blumenladen vor mir auf. Ich sprang über eine Hundeleine, was mir empörte Rufe der Hundebesitzerin einbrachte, die ich mit einem knappen „Sorry“ wohl kaum beruhigen konnte. Ich flog regelrecht über den Asphalt, blendete den Tumult um mich herum völlig aus. Der Blumenladen wurde größer vor meinen Augen, nur noch wenige Laufsprünge und ich hechtete voller Aufregung durch die Tür.

„Es ist ein Notfall!“, brüllte ich als erstes, instinktiv und von Angst getrieben. Schweißperlen auf meiner Stirn unterstrichen meinen eklatant hohen Stresspegel, was auch die Verkäuferin unverzüglich den Ernst der Lage erkennen ließ.

„In Gottes Namen, junger Herr, was ist denn geschehen?“, japste sie ganz aufgebracht hinter dem Tresen und schickte sich an, auf wackeligen Beinen nach vorne zu kommen. Sie war nicht mehr die Jüngste, aber die beste Blumenhändlerin.

„Ich … meine …“, keuchte ich, einerseits völlig außer Atem, andererseits völlig durcheinander und im Ausnahmezustand, sodass ich der deutschen Sprache in diesem Moment nicht mehr mächtig war, „… Blumen! Ich brauche Blumen, die schönsten!“

„Ach herrje, junger Mann, na dann schauen wir um einen schönen Strauß!“, erwiderte die betagte Verkäuferin und begann sofort, wahllos, aber bestimmt in bewusstem Handeln, diverse Blumen aus den Kübeln zu ziehen. Ihre dicken, fleischigen Finger legten die blühenden Gewächse gekonnt zusammen, entfernten Blätter an den Stielen, schoben Ziergras und gekräuselte Halme zwischen die dicken bunten Blüten und verbanden sie miteinander mit Naturgarn.

„Für wen denn?“

Noch immer flehte meine Lunge nach Luft und noch immer war ich unfähig, ganze Sätze zu sprechen. In Anbetracht dessen hätte ich mich in Vergangenheit öfter dazu aufraffen müssen, das wöchentliche Laufprogramm etwas ernster zu nehmen, mahnte ich mich selbst.

„Für … meine … meine …“

Sie nickte, murmelte: „Dachte ich mir“, und legte das prächtige Bouquet auf weißes, feines Papier, welches sie geschickt herumwickelte und befestigte. Abschließend schlang sie farblich passende Bänder mit Perlen am Ende herum, steckte Herzen aus Holz in den Strauß und besprühte ihn mit etwas Glitzerspray. Mit breitem Lächeln überreichte sie mir ihr vollkommenes Werk.

„Neunundvierzig Euro macht das dann, bitte“, sagte sie.

Zum zweiten Mal am heutigen Tag traf mich pure Verzweiflung wie die Faust des Boxers das Gesicht des Gegners. Mit fahrigen Händen versuchte ich vergebens, meine Geldbörse in einer meiner Hosentaschen zu finden. Ich hoffte, mich zu irren, hoffte, dass ich sie zu Hause doch noch eingesteckt hatte, dabei wusste ich, dass sie auf der Kommode lag.

„Ich habe meine …“

Die Blumenverkäuferin lächelte noch breiter und zog ihre linke Augenbraue hoch. Ein unergründlicher Gesichtsausdruck war es. Skeptisch, fragend, vielleicht kurz verärgert, dann aber mütterlich.

„Ja, kommen Sie später noch einmal mit dem Geld. Notfall bleibt Notfall, und nun laufen Sie zu Ihrer Liebsten!“ Sie schubste mich in Richtung Tür und schlug mir fest auf die Schulter. „Laufen Sie!“

Und wieder rannten meine Beine mit mir davon. Sie brachten ein Höllentempo auf das Kopfsteinpflaster, von dem jeder Sprinter nur träumte. Hundert Meter in unter zehn Sekunden – kein Thema, wenn man erst am Morgen bemerkte, dass man den ersten Hochzeitstag vergessen hatte.

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