Die Dunkelheit einer Psychiatrie
Ich trete vor die Tür. Mit Tränen in meinen Augen und dröhnendem Kopf und schweißgebadet. Ich habe keine Ahnung, was auf mich zukommt. Ich sitze seit 4 Stunden in der Notaufnahme der Psychiatrie und warte darauf, dass mir jemand hilft. Ich zünde mir eine Zigarette an. Neben mir steht ein silberner großer Aschenbecher und ich spüre ein Gitter unter meinen Füßen. Ich blicke hinab und hoffe, dass dieses Gitter nicht nachgibt und mich der Boden verschlingt. Seit Wochen habe ich solch konfuse Gedankengänge. Der Rauch meiner Zigarette steigt mir in die Augen. Das macht mir nichts, weil ich ja schon seit Wochen stundenlang mit dem Weinen beschäftigt bin. Es ist ein regnerischer Tag. Der Regen prasselt auf mich ein, genauso wie meine Gedanken. Seit Wochen komme ich nicht zur Ruhe. Der Regen verfolgt mich bis in den Schlaf. Es regnet ständig, obwohl die Sonne scheint. Die Nacht ist meine beste Freundin, weil mich dann niemand sehen kann. Niemand kann diesen Schmerz sehen. Das glaube ich zumindest. Ich gebe mir seit Wochen große Mühe, es vor allen zu verstecken. Ich möchte es nicht wahrhaben, dass es wieder mal so weit ist. Die Dunkelheit und der Regen holen mich ein. Es ist so dunkel, dass selbst die Sonne des Tages kein Licht in mein Herz scheinen lässt. Ich rauche nach wie vor meine Zigarette. In der Dunkelheit scheint eine Minute so lange wie eine Stunde zu sein. Ich frage mich, wozu ich hier bin. Dann denke ich: Die Sonne soll wieder scheinen und die Dunkelheit soll sich lichten. Die Freude am Licht des Lebens soll zurückkehren. Ist dieser Ort hier der Richtige dafür? Kann mir jemand helfen, mein Licht wiederzufinden? Ich habe seit 24 Stunden keinen Bissen mehr gegessen fällt mir ein. Gelacht habe ich seit Monaten nicht mehr, zumindest nicht ehrlich. Liebe spüre ich nicht mehr. Weder die meines Mannes noch die meiner Mutter. Die Liebe für mich selbst ist vom Regen weggespült worden.
Auf einmal kommt der Krankenwagen. Sie führen einen gefesselten Mann in die Notaufnahme. Er scheint betrunken zu sein. Ich dämpfe meine Zigarette aus und gehe in den Warteraum des Krankenhauses zurück. Der gefesselte Mann kommt vor mir dran, weil er offensichtlich beeinträchtigt ist und am Ende mit seinen Kräften. Den Regen in meinen Augen möchte wohl niemand sehen. Nach 6 Stunden werde ich aufgerufen. Der Arzt fragt: „Wie geht’s Ihnen?“ ich entgegne: „Wie geht’s Ihnen, wenn es nur noch dunkel ist und keiner Licht anmachen möchte?“
Der Arzt bleibt stumm. Er sieht mich eine Zeit lang an und fragt dann: „Was möchten Sie denn hier?“ „Was sucht eine junge Frau, die offensichtlich in der Blüte ihres Lebens stehen müsste an einem Freitag in der Notaufnahme einer Psychiatrischen Klinik?“ dachte ich.
In mir bricht alles zusammen. Ich wünsche mir gerade, dass mich der Erdboden verschluckt. „Ich brauche Hilfe, bitte!“ sage ich. Der Arzt wiederum: “Aha, haben Sie versucht sich umzubringen oder sich selbst verletzt?“ Ich: „Nein, ich möchte Hilfe dabei das Licht anzumachen, um die Dunkelheit zu vertreiben.“ Der Arzt wieder: „Also für so etwas haben wir wirklich keine Zeit. Bett haben wir wahrscheinlich auch keines für Sie, aber ich telefoniere gerne mal rum.“ Wieder vergehen Minuten. Ich male mir gerade aus, wie ich all dem ein Ende bereiten kann, weil mir ja doch keiner helfen möchte, das Licht wieder anzumachen und ich alleine einfach nicht mehr kann. Der Arzt kommt zurück und sagt: “Nehmen Sie ihr Gepäck, wir haben einen Platz für Sie. Wir werden Ihnen helfen, Ihr Licht wiederzufinden.“ In mir wird es eine Spur heller. Vorerst. Dann betrete ich die Station und die Dunkelheit wird noch dunkler als vorher.