Momentaufnahme …
Ich sitze im Schatten unter dem großen Kiefernbaum und die Sonne brennt auf all die brav eingecremten Menschenkörper um mich herum. In der Nähe höre ich die vielen Kinder im Meer vor Freude quietschen, bei jeder Welle die sie nass spritzt. Tief atme ich ein, als müsste ich einen Vorrat für daheim in meinen Zellen einspeichern. Oh wie sehr ich diesen Geruch liebe … Salzwasser, Schokoeis und Sonne – meine liebsten „S“ im Urlaub … Die Luft riecht am Meer irgendwie anders! Sie riecht intensiver – würzig und süß gleichzeitig … Sie riecht nach Freude und Liebe und Freiheit und nach „bitte lass diesen Moment für immer bleiben“!
Und ich sitze hier und eine bunte Landschaft aus Matten und teilweise schon ausgefärbten Handtüchern breitet sich um mich herum aus – sorgsam mit Steinen beschwert… Lucy ist gerade dabei, ganz vorsichtig eine Pfote nach der anderen auf dem Handtuch von Klaus zu platzieren – wie sehr liebe ich diesen kleinen, lustigen Hund. Hinter mir höre ich ein Pärchen miteinander reden und kann kein Wort verstehen, weil ich die Sprache nicht erkenne. Als ich mich wieder zu Lucy umdrehe, hat sie bereits ihren halben Körper am Handtuch und ich weiß, sie wartet jetzt noch ein kleines bisschen ab, ob es jemand bemerkt, dann wird sie sich ganz flach machen und aufs Handtuch robben. Noch einmal ein kleiner Check und schon legt sie sich entspannt auf ihren frisch eroberten Platz. Klaus schläft am Bauch auf meiner Liege. Auf den anderen Handtüchern liegen oder sitzen unsere Freunde mit ihren kleinen Kindern und versuchen vergebens ein bisschen Ruhe oder Schlaf zu finden.
Und ich sitze hier und beobachte die Szenerie und bin tatsächlich ein bisschen froh, dass meine Kinder schon erwachsen sind. Als wüssten sie, dass ich von ihnen rede, stehen sie auch schon auf, weil sie ins Wasser wollen. Schwimmen ist nicht ganz so angesagt, aber von den scharfkantigen Felsen springen, die unseren Strand umrahmen. Natürlich wollen die Kleinen jetzt auch ins Wasser. Nach der Reihe verlassen immer mehr Mamas und Papas ihre unbequemen Strandmatten und tun ihre Pflicht.
Und ich sitze immer noch unter meinem Kieferbaum im Schatten. Immer noch am selben Fleck. Wie eine Statue sitze ich hier und beobachte, was um mich herum geschieht … Wie gern würd ich einfach aufstehen und den Kindern nachgehen zum Meer und sie beim Köpfeln filmen. Ich weiß, dass sie sich aufregen würden, weil ich so viele Fotos mache. Und ja, die meisten schaut sich nie wieder jemand an. Aber später, wenn die Zeit wieder mal gnadenlos zugeschlagen hat – wie sie das einfach immer tut – dann freuen sich alle, dass ich große Freude daran hab, Erinnerungen festzuhalten. Erinnerungen, die sich schon in dem Moment, in dem sie zu ebendiesen wurden, wundervoll für mich anfühlten. Klar übertreibe ich! Aber was, wenn ich das Gefühl habe, dass ein festgehaltener Moment sich für mich doppelt bedeutsam anfühlt?
Und ich sitze da und merke, dass die Traurigkeit sich in mir breit macht. Langsam löst sich eine Träne und rinnt unbemerkt meine Wange herunter. Niemand sieht sie… Ich sitze in Richtung Meer blickend – nur das große Trampolin, das noch vor wenigen Jahren das größte Highlight für unsere Kinder war, verdeckt mir teilweise die Sicht zum geliebten Blau. Heuer kann ich nicht einfach aufspringen und zum Meer laufen, um die Kinder beim Schwimmen, Tauchen und Lachen auf Fotos zu verewigen. Als hätte er es gespürt, setzt Klaus sich auf, sieht sich um und fragt, ob er denn geschlafen habe. Ich muss lächeln und fühle eine tiefe Wärme in mir. Er steht auf, umarmt mich liebevoll von hinten, gibt mir einen Kuss auf den Kopf und schiebt meinen Rollstuhl ans Meer zu unseren Kindern.